Mittwoch, 31. Oktober 2012

Der Tritt ins Sperrgebiet (Teil 12)

Abb.1. Ausschnitt Karte Pian Segno - ARGE ALP 2012. Illustration G.Diethelm, anonymisiert o-zeugs.
Ich selbst erwischte bei meinem Lauf am Samstag einen H-14-Läufer der St. Galler Delegation beim offensichtlichen Durchqueren eines Sperrgebietes entlang eines Bachlaufes. Nachdem ich dem fehlbaren Jungen dies von der andern Bachseite zugerufen hatte, meinte er: „Ich hans nid extra gmacht“. Im Ziel konfrontierte ich den St. Galler-Delegationsleiter mit ebendieser Tatsache und bat um eine Selbstanzeige der betreffenden Staffel. Stunden später stand die besagte H14-Staffel auf dem Podest und der Laufleiter Stefano Castelli sagte konsterniert, dass beim Gespräch mit den St.-Gallern alles abgestritten worden sei.
Gabriela Diethelm in einem Kommentar zum ARGE ALP 2012 (www.olg-chur.ch)

Kommentar
Ich selber bin vor zwei Jahren, zwei nationale OL lang im Wald gesessen und habe das Läuferverhalten im Bezug auf Sperrgebiete beobachtet. Ein Fazit dieser Beobachtungen: Die groben Verletzungen der Sperrgebiete geschehen "nid extra" durch Läufer, die nicht genau wissen, wo sie sind. Randverletzungen können dabei auch äusserst erfahrenen Läufern unterlaufen, die groben Schnitzer dagegen sind den Anfängerkategorien vorbehalten.

Offenbar ist in der vorliegenden Konstellation der St.Galler Nachwuchsläufer kein Einzelfall. So rapportiert eine zweite Läuferin, dass sie bei ihrer (natürlich korrekten) Passage des Gebiets gleich "mehrere Senioren" auf derselben Route (violett, Abb.1.) beobachten konnte.

Ich habe das früher schon angetönt, bei der Frage der Sperrgebiete gibt es auch in der Wettkampfordnung zwei Seiten. Der Läufer und der Organisator (siehe auch Auzug der Regeln). Wieder ist es so, dass letztlich der Läufer sein Verhalten selbst verantworten muss (hier nicht geschehen) und wiederum muss auch der Veranstalter sich einer gewissen Kritik stellen, da weder Bahnlegung noch weitere Massnahmen situationsgerecht angepasst wurden. Ich formuliere hier als Ausführung des WO Artikels 128.2 zwei Punkte.

  1. Bahnen sollen so angelegt sein, dass Sperrgebiete nicht tangiert werden und insbesondere eine Route durchs Sperrgebiet keinen Vorteil bringt. (Ausschluss der absichtlichen Sperrgebietsverletzung)
  2. Ist das nicht möglich oder ist das Gebiet besonders sensibel (vereinbarte Nulltoleranz), ist das Sperrgebiet mit verstärkten Massnahmen durchzusetzen (Markierung, personelle Präsenz). Dies gilt besonders in den Sektoren mit Einsteigerbahnen, wo vermehrt unabsichtliche Sperrgebietsverletzungen zu erwarten sind.
Dritter und letzter Kritikpunkt an den Veranstalter: Die Wettkampfordung ist bezüglich Sperrgebietsverletzungen klar. Ob extra oder nicht*, es gibt keinen Ermessensspielraum in Sperrgebietsfragen.

* Am diesjährigen O-Ringen: "I am sorry, I am from Belgium"

Nachtrag zum Kommentar von Anonym: Screenshots vom 9.Nationalen 2012 Wiggertal
D 18- wohl  ein klarer Veranstalterfehler, dass Laura Diener (7.) und Lisa Schubnell (8.) nicht disqualifiziert wurden.
H50- Sigi Burger und Josef Brügger sind dagegen wahrscheinlich neben der Strasse her gerannt.
... jedenfalls weisen ihre Routendarstellungen im Routegadget dahin.

8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wie sieht es eigentlich mit Sperrgebietsverletzungen, die mittels GPS verfolgt werden können, aus? Zum Beispiel am 9. Nationalen bei D18 (oder auch H50). Kann mittels GPS-Daten nachträglich disqualifiziert werden? Wie fühlen sich Läufer/-innen die Aufgrund des (fäschlicherweise!?) erzielten Resultats anschliessend sogar für Internationale Wettkämpfe selektioniert werden? Ist sportlicher Erfolg wichtiger als fairer Sport?

M.Lerjen hat gesagt…

Ja. Disqualifikationen aufgrund von GPS Aufzeichnungen sind möglich.

Audun Weltzien ->NOC 2009

Ann-Margarete Hausken ->EOC 2012

Anonym hat gesagt…

Überarbeitete Fassung:
Die sehr emotional behaftete sowie kindische Kolumne No 9 von G.D. erachte ich als einen eher destruktiven "Beitrag" zur Verbesserung der "Sperrgebietsproblematik". Hingegen konstruktiv zu einer Verbesserung der "Sperrgebietsproblematik" beitragen kann man allenfalls dann beginnen, wenn man - wie M. Lerjen das z.B. offenbar tut – zuerst einmal einsieht, dass der Veranstalter sich einer gewissen Kritik stellen muss. Von einem Elite-Läufer würde ich bei einem entsprechenden "Vergehen" auch eine "Selbstanzeige" erwarten. Hingegen nicht von einem 14-jährigen und ich finde es auch nicht notwendig von einem Delegationsleiter zu verlangen, dass er dafür sorgt, dass die ganze H-14 Staffel wegen diesem "Vergehen" disqualifiziert wird. In diesem Fall musste eindeutig davon ausgegangen werden, dass dieses Sperrgebiet beim Posten 2, zumindest wenn es nicht an der offensichtlich heiklen Stellen markiert (z.B. mit Absperrbändern) oder "bewacht" wird, von einzelnen Läufern betreten wird. Als einer der insbesondere auch im Bereiche von Sperrgebieten sehr präzise Karte liest, Erfahrung hat, mit wenig personeller Ressourcen selbst ein OL zu organisieren sowie die Natur sehr respektiert, finde ich es bedenklich, wenn man nun einen 14-jährigen OL-Läufer als "Übeltäter" hinstellt, auch wenn er sich – wahrscheinlich nicht extra – nicht korrekt verhalten hat. Ganz sicher soll man (insbesondere der Delegationsleiter) mit diesem Buben über diese Thematik / Problematik sprechen und ihn gewissermassen Ermahnen und entsprechende Prävention bereits bei den Jungen betreiben. Deshalb jedoch mit einer Disqualifikation quasi eine Strafe für die ganze H-14-Staffel aussprechen, wäre völlig unangemessen. Viel förderlicher ist es hingegen, wenn man ALLE Punkte, die zu dieser Regelwidrigkeit geführt / diese Regelwidrigkeit gefördert haben sachlich analysiert und daraus Lehren zieht.

M.Lerjen hat gesagt…

@anonym:
- Der "Übeltäter" geht auf meine Kappe. Die Skizze von G. ist eigentlich interne Kommunikation.
- Das anführen und akzeptieren von mildernden Umständen ist m.E. ein zentraler Teil des Problems. Die Message, dass man sich notfalls "useschnurre" kann, ist der Sache schadend.
- In diesem Fall empfinde ich es als erschwerend, dass die Delegationsleitung in ihrer Vorbilds-Rolle diese Mentalität gestützt hat.
- Beachte, dass der besagte Athlet den hinter den SG liegenden Posten direkt anläuft...
- Item. Es geht darum aus den auftretenden Fällen zu lernen, darum auch mein neuer Sammelbegriff Sperrgebiete die nicht funktionieren (weitere Fallberichte, gerne an mich).

Anonym hat gesagt…

Ich gebe zu, dass es möglicherweise für den Buben zu einem Lerneffekt geführt hätte, wenn die Delegationsleitung ihn angezeigt hätte und die Staffel folglich disqualifiziert worden wäre. Ich finde aber, dass es naiv wäre, wenn man glauben würde, dass die Wirkung einer entsprechenden „Strafe“ so gross ist, dass entsprechende Vergehen künftig weniger vorkommen und wollte u.a. auch zum Ausdruck bringen, dass ich es von G.D. völlig deplatziert finde, es als Frechheit zu betiteln, wenn jemand der Meinung ist, dass der Veranstalter das Sperrgebiet z.B. hätte abstecken müssen. Auch wenn der Hauptschuldige unbestritten der Läufer ist, sollte man den Veranstalter auch kritisieren dürfen. Es geht ja eben FÜR ALLE BETEILIGTEN darum, aus den auftretenden Fällen zu lernen. Mit entsprechenden Kolumnen, mit denen G.D. möglicherweise jeweils versucht, ihre Fruste abzubauen, wird auf jeden Fall letztlich nur „Öl ins Feuer gegossen“ und wird nicht wirklich zu einer Verbesserung der „Sperrgebietsproblematik“ beigetragen.

Hans hat gesagt…

Der Fehler des Läufers (Tritt ins Sperrgebiet) ist das eine, ob man deswegen die Staffel disqualifizieren soll, eine andere. Ich finde es aber beschämend, dass die Delegationsleitung gegenüber dem Organisator alles abstreitet. So übernimmt sie eine sehr schlechte Vorbildfunktion. Der Nachwuchs wird sich so sicher nicht ins positive entwickeln.

Anonym hat gesagt…

Der Ärger, der infolge der Läufer, die in Sperrgebiete "hineintrampeln" (und der allenfalls gegenüber Delegationsleitern) jeweils auftritt, bringt uns nicht wirklich weiter. Falls die Delegationsleitung gegenüber dem Organisator tatsächlich "alles" abgestreitet hat, würde allerdings auch ich dies ebenfalls "beschämend" finden. Es wäre jedoch illusorisch, wenn man glauben würde, dass man alle Läufer oder Delegationsleiter mit irgendwelchen Strafen dazu bringen könnte, dass sie sich künftig fairer verhalten. Wir kommen nicht darum herum: So lange es Sperrgebiete gibt, werden diese betreten. Wir müssten also quasi die Sperrgebiet abschaffen, damit es zu keinen diesbezüglichen Vorfällen mehr kommen könnte. Die wichtigsten Massnahmen, um die Tritte in die Sperrgebiete wenigstens zu minimieren, bleiben, dass die jeweiligen Organisatoren dafür sorgen, dass die Sperrgebietsgrenzen klar verlaufen sowie die Bahnen jeweils so angelegt werden, dass Tritte in die Sperrgebiete möglichst nachteilig sind bzw. möglichst zeitraubende Umwege beinhalten würden.

M.Lerjen hat gesagt…

Das ist mein Blog und ich verschreibe ihm eine offene Diskussionskultur. Ab sofort akzeptiere ich keine Anonymen Kommentare mehr.


Siehe auch Wikipedia.

The KanPas Focus 200

So here is the KanPas Focus 200. Actually the compass making orienteering easy. Maybe even too easy? - Sorry for that. fig.1. What a beauty ...